(Der Freitag 17/03/2020) Im Corona-Krisenmodus ist plötzlich vieles möglich. Das ist eine Chance, neu zu denken: Denn die Klimakatastrophe kann noch abgewendet werden, wenn wir frühzeitig handeln

Seit zwei Wochen fühlt es sich an, als wären wir alle Teil einer mittelprächtigen Netflix-Serie mit dystopischem Plot: Ein Virus, das von einer chinesischen Stadt aus dank Globalisierung in Windeseile in alle Welt getragen wird. Es folgen Grenzschließungen, der Shut-Down öffentlichen Lebens, leere Flughäfen und Bahnhöfe. Durch Quarantäne-Androhung und Ausgangssperren kommen viele Menschen schnell in den Krisenmodus: Panische Hamsterkäufe, Misstrauen, Angst um Angehörige. Das letzte Mal, das Menschen hierzulande so kollektiv und brutal aus ihrem Alltag gerissen wurden, ist 80 Jahre her und nannte sich Zweiter Weltkrieg. Selbst in den Zeiten massiver atomarer Aufrüstung Anfang der 1980er Jahre oder zur Wende gab es solche klaren Ansagen und solch ein rigoroses Eingreifen von staatlichen Behörden nicht. Auch die Angst vor Mangel ist neu für uns.

Corona könnte eine Urerfahrung für uns werden, die uns für den Rest des Lebens prägen dürfte. Denn das Virus katapultiert uns aus unserer alltäglichen Routine. Die Krise könnte uns dabei einige Lektionen mitgeben, die uns auf das vorbereiten, was wir im 21. Jahrhundert laut Klimaforscherinnen noch erleben werden: permanente Ausnahmezustände durch Dürren, Überflutungen, Flüchtlingsströme und soziale Konflikte.

Aber im Gegensatz zu der Bedrohung durch Corona sind das für die meisten Deutschen noch immer nur Worthülsen oder apokalyptische Übertreibungen von Extinction Rebellion. Eben noch haben wir diesen „Spielverderbern“ jugendlichen Endzeitwahn unterstellt. Auch den Fridays for Future wird gern die Übertreibung und ein gewisses Elfenbeinturm-Denken anheimgestellt. Gerade könnte man auf die Idee kommen, dass sie keine Visionäre, sondern die eigentlichen Realistinnen sind.

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