(DER SPIEGEL 20/03/2020) 2020 sollte das „Jahr der Entscheidung“ für das Klima werden. Doch die Pläne von EU-Kommission und Bundesregierung geraten ins Stocken, die Industrie fordert eine Umkehr. Droht der Klimapolitik ein Rollback?
Einige Umweltschützer feiern derzeit den Stillstand: Sie freuen sich auf Twitter und Instagram über saubere Luft in den Städten und Delphine in Hafenbecken. Wenn die Welt den Atem anhält, dann verschmutzt sie auch nichts.
Doch der Shut-Down des öffentlichen Lebens könnte mehr schaden als nützen und die Klimapolitik ausbremsen. Schon nach wenigen Wochen Coronakrise ist der Preis für CO2-Zertifikate von rund 24 auf 16 Euro gefallen und fossile Brennstoffe wie Öl werden gerade billiger. Gleichzeitig gibt es massive Gewinneinbrüche weil Flugzeuge am Boden bleiben und Autohäuser geschlossen sind.
Deshalb sind die kurzfristigen Emissionsbilanzen von chinesischen Großstädten vielleicht hübsche Anekdoten. Aber sie lenken vom Drama ab, das sich für die Klimapolitik der nächsten Monate und Jahre ankündigt: Wenn schlagartig die Wirtschaft einbricht, dann steht der Klimaschutz wieder ganz hinten an – auch weil niemand Geld für einen grüne Kehrtwende ausgeben will.
Erste Forderungen in diese Richtung kommen nun aus der FDP. Deren Wirtschaftspolitiker Gerald Ullrich forderte am Donnerstag, die Einführung des CO2-Preises auf Sprit und Heizöl aufzuschieben. In Zeiten der Corona-Wirtschaftskrise sei es „unverantwortlich“ Steuern zu erheben, so der FDP-Politiker. Im Dezember vergangenen Jahres hatte die Bundesregierung in ihrem Klimaschutzgesetz beschlossen, bereits im
kommenden Jahr einen CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne einzuführen.
„Schon nach der Finanzkrise 2008 wurden wichtige strukturelle Veränderungen für nachhaltiges Wirtschaften der kurzfristigen Symptombekämpfung geopfert“, sagt Maja Göpel vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) dem SPIEGEL. „Es ist aber fahrlässig gerade Klimaschutzmaßnahmen – die ja der Vermeidung zukünftiger Krisen dienen – auszusetzen.“ Über den FDP-Vorschlag sagt Göpel, der CO2-Preis sei ein Steuerungsinstrument für Investitionen und habe nichts mit kurzfristigem Krisenmanagement zu tun.
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