(Deutschlandfunk Nova 2.12.18) Die Journalistin Susanne Götze schreibt seit mehreren Jahren über die Auswirkungen des Klimawandels. Einige Reportagen hat sie jetzt in dem Buch „Land unter im Paradies. Reportagen aus dem Menschenzeitalter“ veröffentlicht.
Der Klimawandel ist ein Prozess, sagt die Journalistin Susanne Götze, deshalb sei es schwierig ihn zu sehen. Er verändere stückchenweise die Gesellschaften und auch die Reaktionen der Menschen auf die Veränderungen seien nicht sofort sichtbar.
„Was ich in Afrika gesehen habe: Der Klimawandel ist nicht das einzige Problem, sondern ist immer noch on top und heizt die bestehenden lokalen Probleme noch an – und das ist das gefährliche daran.“
Für ihre Reportagen hat Susanne Götze verschiedene Kontinente und Länder bereist. In Afrika werde deutlich, dass der Klimawandel ein System komplexer Probleme sei. Zu den bestehenden lokalen Problemen in den jeweiligen Ländern, käme dann der Klimawandel noch oben drauf.
Die Journalistin hat sich die Auswirkungen vor Ort beispielsweise in einem Dorf in Benin angesehen, das eine Tagesreise vom Meer entfernt liegt. Sie wollte von Bauern und Bäuerinnen direkt erfahren, wie sie den Klimawandel wahrnehmen und damit umgehen. Sie haben Susanne Götze erzählt, dass ihre Ernten geschrumpft seien und sie dadurch große Probleme hätten. Dabei seien sie eigentlich stolz darauf, Bauern zu sein, und wollen durch ihre Arbeit ihre Familien ernähren.
„Sie sind eigentlich stolz darauf Bäuerinnen und Bauern zu sein. Es ist nicht so, dass die da alle aus ihren Dörfern wegwollen.“
Ein Bauer habe ihr erzählt, dass seine Ernte von drei auf eine Tonne geschrumpft sei. Durch Ernteausfälle folge eine Kette von weiteren Problemen. Beispielsweise hätten sie dann kein Geld um Medikamente zu kaufen, wenn jemand in der Familie krank wird, oder könnten ihr Haus nicht instand halten. Dabei verstehe der Bauer nicht, was das Problem sei, denn er habe ja seine Anbaumethode nicht verändert, doch der Boden gebe nicht mehr genug her. Bemerkt habe er allerdings, dass der Boden ausgelaugt sei durch den jahrelangen Anbau von Baumwolle.
Zu den lokalen Problemen kommt der Klimawandel on top
Ein anderer Faktor in Benin ist die Abholzung von Wäldern für Holzkohle. Dadurch ändere sich das Mikroklima in dem Land: Die Wolken ziehen weiter, es ist weniger feucht und es gibt weniger Niederschlag. Hinzu komme, sagt Susanne Götze, dass sich südlich der Sahara der Hotspot der globalen Erwärmung befinde. Das würden die Bauern bestätigen, die von extremen Temperaturen berichten, wie sie sie zuvor nie erlebt hätten.
„Bei extremen Temperaturen sprechen wir von über 45 Grad. Die Menschen sind 40 Grad gewöhnt. Aber bei 45 bis 50 Grad kann sich niemand mehr bewegen oder arbeiten.“
Diese ökologischen und ökonomischen Probleme führten dazu, dass viele junge Menschen aus den Dörfern in die größeren Städte weggingen oder in Nachbarländer emigrierten. Diese Probleme werden unter dem Begriff „Fluchtursachen“ zusammengefasst, sagt Susanne Götze, die auch dazu führen, dass die Menschen bis nach Europa kommen.
Spürbare Veränderungen
Die Bauern und Bäuerinnen, mit denen Susanne Götze in Afrika gesprochen hat, können zwar nicht genau sagen, was der Klimawandel ist, aber sie leben mit dem Wetter und der Natur und nehmen die Veränderungen wahr.
„Was diese Menschen wissen und fühlen, sind die Wetterveränderungen, aber sie wissen nicht, was der Klimawandel ist. Und sie wissen nicht, dass das von den Industrieländern verursacht wird.“
Um den Bauern und Bäuerinnen vor Ort zu helfen, gäbe es beispielsweise ein Projekt eines Agrarwissenschaftlers, der den Landwirten zeige, wie sie die Bodenfruchtbarkeit zurückerlangen und welche hitzeresistenten Pflanzen sie anbauen könnten.