(Der SPIEGEL 3/12/2020) Die EU will 2050 klimaneutral sein. Oft wird das als dystopische Deindustrialisierung skizziert. Die Beratungsfirma McKinsey sagt: Kosten und Profite könnten sich ausgleichen. Allerdings bleiben wichtige Aspekte unberücksichtigt.
Es ist der größte Umbau der Europäischen Union, den es je gab: Mit dem sogenannten Green Deal soll Europa komplett umgekrempelt werden. Vom Strom für Industrie und Haushalte bis hin zum Schulbus soll die gesamte Gesellschaft vollständig ohne CO2-Emissionen auskommen.
Bis 2050 wollen die Länder klimaneutral wirtschaften, also netto keine Treibhausgase mehr in die Atmosphäre ausstoßen. Seit fast genau einem Jahr diskutieren die 27 EU-Staaten diesen Vorschlag der EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Seit Anfang dieser Woche verhandeln die wichtigsten EU-Institutionen – EU-Parlament, EU-Rat und Kommission – über das Klimagesetz.
Einen richtigen Fahrplan bis 2050 gibt es jedoch noch nicht. Klar ist nur, dass die EU rund eine Billion Euro innerhalb eines Jahrzehnts investieren will. Von der Idee sind nicht alle begeistert: Immerhin würden bestimmte CO2-intensive Geschäftsmodelle ganz verschwinden, andere müssten sich umstellen. Zudem gibt es die Sorge, dass die Umstellung das Leben insgesamt teurer machen könnte.
Genau bei dieser Befürchtung gibt es jetzt Entwarnung von unerwarteter Seite: Die EU klimaneutral zu machen, sei nicht nur möglich, sondern würde den Bürger auch nicht mehr kosten, heißt es in einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey, die dem SPIEGEL vorab vorliegt. Zwar würden die Kosten und Einsparungen nicht in allen Ländern gleich hoch sein. Aber unter dem Strich würde ein durchschnittlicher Haushalt im Jahr 2050 im Vergleich zu heute genauso viel oder sogar weniger für Lebenshaltungskosten ausgeben.