(18/6/2020 Der SPIEGEL) Die Internationale Energieagentur will Corona zum Wendepunkt in der Klimapolitik machen. IEA-Chef Fatih Birol hat den Staaten jetzt Vorschläge gemacht, wie sie 4,5 Milliarden Tonnen CO2 einsparen können.
„2019 muss das Jahr mit dem historischen Peak bei den CO2-Emissionen werden“, erklärte Fatih Birol, Direktor der Internationalen Energieagentur (IEA) heute in Paris. „Wir wollen, dass die Kurve von nun an nur noch sinkt.“ Die Coronakrise zwinge die Staaten, ihr Wachstum wieder anzukurbeln – die Frage sei nur, wie das geschehe.
Dafür hat seine Agentur einen Plan zur umweltfreundlichen Erholung der Volkswirtschaften vorgelegt. Klimaschutz bedeute Wachstum, so die Botschaft, aber bei Jobs und nicht bei Emissionen. Dafür müssten zwischen 2021 und 2023 laut IEA drei Billionen US-Dollar mobilisiert werden – unter anderem für die Modernisierung von Energie, Gebäuden und Verkehr. Der Löwenanteil soll aus privater Hand kommen, der Staat hingegen solle die Anreize setzen.
Bereits jetzt haben die Länder laut IEA weltweit insgesamt neun Billionen Dollar für wirtschaftliche Notmaßnahmen ausgegeben. Nun seien aber längerfristige Konjunkturprogramme und klimapolitische Entscheidungen gefragt.
Die Botschaft des IEA-Chefs war deutlich: „Es ist die Chance des Jahrhunderts, die Energiesysteme weltweit jetzt umzustellen.“ Anders als in der Finanzkrise 2008/2009 müsse in klimafreundliche Technologien investiert werden. „Wir müssen aus 2009 lernen“, so Birol. Damals waren die CO2-Emissionen nach der Krise so stark angestiegen wie nie zuvor in der Geschichte.
Neun Millionen neue Jobs pro Jahr
Er sei aber optimistisch, dass die Staaten dieses Mal „schlauer“ sind. Immerhin sei es derzeit nicht nur moralisch richtig, sondern auch volkswirtschaftlich sinnvoll, auf Wind, Sonne und Elektroautos zu setzen. Die Kosten seien in den vergangenen zehn Jahren extrem gesunken, Solarenergie liege beispielsweise nur noch bei einem Fünftel des damaligen Preises.
Die erneuerbaren Energien seien auch der neue Jobmotor der Weltwirtschaft, meint die IEA. Durch Corona seien acht Prozent der 40 Millionen Arbeitsplätze, die direkt vom Energiesektor abhängen, gefährdet oder verloren gegangen. Das aber vor allem in der fossilen Branche – erneuerbarer Strom könnte die einzige Energiequelle sein, die dieses Jahr überhaupt wächst.
Der Plan rechnet außerdem vor, dass es besonders viel Jobpotenzial in der Wind- und Solarbranche sowie im Gebäudesektor und beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs gibt. Zudem zahlten sich Investitionen in bisher unterschätzten Branchen wie Recycling besonders aus.
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