(Dialog Forum 25/5/19) Deutschland ringt um die Zukunft seiner Energie- und Umweltpolitik
Ein Waldstück nahe Köln ist seit vergangenem Herbst das Symbol deutscher Energiepolitik. Der gerade einmal 200 Hektar große Hambacher Forst liegt am Rande des größten Tagebaus des Rheinischen Braunkohlereviers – und seine Bäume sind ein bundesweites Politikum.
Berühmt wurde der Forst erst durch seine Rettung: Die Braunkohle unter dem Waldstück solle „im Boden bleiben“, forderten Klimaaktivisten. Im Oktober stoppten sie schließlich nach spektakulären Baumbesetzungen die Rodung mit einem Eilantrag vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster. Daraufhin gab es am Hambacher Forst volksfestartige Demonstrationen – es kamen 50.000 Menschen aus Deutschland und Europa: „RWE kann einpacken“, feierten die Aktivisten ihren Teilsieg gegen den Energiekonzern.
Drei Wochen später bot sich ganz in der Nähe des famosen Forstes ein ganz anders Bild. Mit Trillerpfeifen und Bergmannshelmen demonstrieren tausende Kohlekumpel im beschaulichen Bergheim bei Köln für ihre Arbeitsplätze. Aufgerufen hatten zu der Demonstration die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und die Gewerkschaft Verdi. „Die Beschäftigten sind es leid, dass die Klimadebatte auf ihrem Rücken ausgetragen wird“, ließ sich IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis im Aufruf zitieren. Immer wieder würden Arbeitsplätze „durch leichtfertige Abschaltpläne in Gefahr gebracht“.
Mit Slogans wie „I love RWE und deren Familien“ oder „Für Rechtsstaat und sicheren Strom“ unterstützen die Arbeiter ihre Unternehmen, vorrangig die Kohlekonzerne RWE und Leag in der Lausitz. Wenig nette Worte hatten einige Demonstranten für die Umweltschützer im Hambacher Forst übrig: „Aktivisten im Hambacher Forst: Reichsbürger mit Rastas“, heißt es auf Schildern oder „Grüne = ideologischer Irrsinn“.